HÖFFMANN     PARTNER

  R e c h t s a n w ä l t e  u n d  N o t a r i n

Aktuelles


Infothek

Zurück zur Übersicht
Recht / Zivilrecht 
Freitag, 26.09.2025

Schadensersatz bei Glättesturz: BGH stärkt Anspruch auf rechtliches Gehör

Wer auf einem vereisten Gehweg stürzt, kann leichter Schadensersatz geltend machen. Die Anforderungen an die Darlegungs- und Substanziierungspflichten für die Ursachen eines Glatteissturzes dürfen nach einer aktuellen Leitsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs nicht überspannt werden (Az. VI ZR 357/24).

Die Richter des Bundesgerichtshofs entschieden, dass einer Klägerin, die wegen eines Sturzes auf einem vereisten Gehweg Schadensersatz geltend machte, zu Unrecht der Zugang zu einer weiteren gerichtlichen Prüfung verwehrt wurde. Die Vorinstanz hatte ihre Berufung zurückgewiesen, weil sie angeblich nicht ausreichend dargelegt habe, dass eine Streupflicht bestand. Darin sahen die Richter eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und hoben die Entscheidung auf. Das Berufungsgericht muss sich nun erneut mit dem Rechtsstreit befassen.

Gegenstand des Rechtsstreits war der von einer Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz nach einem Glättesturz. Sie war an einem Tag im Februar auf einem spiegelglatten Gehweg vor dem Grundstück des Beklagten gestürzt und hatte sich dabei verletzt. Sie behauptete, dass dort seit Tagen nicht gestreut worden sei und die Glätte offensichtlich gewesen sei. Der Beklagte hingegen erklärte, er habe am Morgen gestreut. Das Landgericht wies die Klage ab, das Oberlandesgericht Frankfurt bestätigte dies – mit der Begründung, die Klägerin habe nicht substanziiert genug zu den Wetterverhältnissen am Unglückstag vorgetragen. Im erstinstanzlichen Verfahren (vor dem Landgericht) hatte die Klägerin bereits vorgetragen, dass am Unfalltag Glättebildung bei Temperaturen um 0° C geherrscht habe. Zum Beweis hierfür bot sie die Einholung eines meteorologischen Sachverständigengutachtens an. Nach Schluss der mündlichen Verhandlung reichte sie weitere Ausführungen zur Wetterlage nach, etwa zur hessenweiten Glatteissituation, zu Verkehrsausfällen und anderen Begleitumständen. Das Oberlandesgericht Frankfurt (Berufungsgericht) hatte dieses Vorbringen als neu im Sinne der Zivilprozessordnung gewertet und nicht berücksichtigt.

Die Klägerin wandte sich mit einer Nichtzulassungsbeschwerde an den Bundesgerichtshof und bekam Recht. Das Berufungsgericht habe den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nach Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes in entscheidungserheblicher Weise verletzt. Der Bundesgerichtshof widersprach der Einordnung des Berufungsgerichts ausdrücklich: Ein in zweiter Instanz konkretisiertes Vorbringen sei nicht neu, wenn es lediglich der Erläuterung oder Verdeutlichung eines bereits schlüssigen Vortrags aus erster Instanz dient. Die spätere Ausführung sei dann Teil eines bereits zulässigen Tatsachenkerns und unterliege nicht der Präklusion. Der Bundesgerichtshof stellte klar, dass die Anforderungen an die sog. Substanziierungspflicht – also die Pflicht, Tatsachen genau darzulegen – überhöht und offenkundig unrichtig waren. Die Klägerin hatte bereits in der ersten Instanz schlüssig vorgetragen und diesen Vortrag in der Berufung lediglich konkretisiert, was zulässig sei. Zudem betonten die Richter, dass ein Mitverschulden der Klägerin nur dann die Haftung ausschließt, wenn ihr Verhalten besonders sorglos und unverständlich gewesen wäre – was hier nicht der Fall war.

Zurück zur Übersicht

Die Fachnachrichten in der Infothek werden Ihnen von der Redaktion Steuern & Recht der DATEV eG zur Verfügung gestellt.