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Zurück zur ÜbersichtBetriebsrat kann Bewerbungsunterlagen nicht in Papierform verlangen - Digitale Bewerbungsunterlagen ausreichend
Ein Betriebsrat muss auch Bewerbungsunterlagen in digitaler Form akzeptieren. Er kann seine gem. § 99 Abs. 1 BetrVG erforderliche Zustimmung zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters nicht deshalb verweigern, weil ihm die Bewerbungsunterlagen nicht in Papierform vorgelegt worden sind. So entschied das Bundesarbeitsgericht (Az. 1 ABR 28/22).
Das Unternehmen arbeitete mit einem digitalen Bewerbungssystem. Sowohl direkt digital als auch zunächst in Papierform eingereichte Bewerbungsunterlagen werden letztlich digital darin verarbeitet. Im Jahr 2021 sollte ein Bewerber als „Prozess- und Projektspezialist Technik“ eingestellt werden. Dem Betriebsrat wurden seine digital eingereichten Bewerbungsunterlagen in entsprechender Form im internen System zur Verfügung gestellt. Doch obwohl die Betriebsratsmitglieder über Dienst-Laptops verfügten, verweigerten sie unter Verweis auf die fehlende Vorlage in Papierform die Zustimmung.
Vor Gericht erstritt der Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung gem. § 99 Abs. 4 BetrVG. Er bekam in allen drei Instanzen Recht. Der Betriebsrat sei durch die Vorlage der digitalen Unterlagen ordnungsgemäß gem. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG unterrichtet worden, bestätigte auch das Bundesarbeitsgericht. Eine Auslegung der Norm ergebe, dass die Bewerbungsunterlagen hierfür nicht in Papierform eingereicht werden müssten, sondern die digitale Form genüge. Der Wortlaut des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG lautet: „[…] hat der Arbeitgeber den Betriebsrat vor jeder Einstellung […] die erforderlichen Bewerbungsunterlagen vorzulegen […].“ Zwar zeigten die Begriffe “Bewerbungsunterlagen” und “vor(zu)legen”, dass dem im Jahr 1972 in Kraft getretenen § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die Vorstellung zugrunde liegt, derartige Unterlagen würden stets in Papierform eingereicht und müssten dem Betriebsrat daher auch in dieser Form überlassen werden. Der Wortlaut (insbes. “Original”) lasse jedoch erkennen, dass wenn dem Arbeitgeber die “Bewerbungsunterlagen” selbst nur digital zur Verfügung stehen, er sie dem Betriebsrat auch nur in dieser Form zur Verfügung stellen müsse. “Unterlagen” könnten zudem alle Interessenbekundungen sein, egal in welcher Form. Auch Sinn und Zweck des Gesetzes ergäben nichts anderes. Der Betriebsrat brauche die Informationen, um zu prüfen, ob er seine Zustimmung nach Abs. 2 verweigern will und um Anregungen für die Auswahl der Bewerber zu geben und Gesichtspunkte vorzubringen. Wenn er für die Dauer des Zustimmungsverfahrens digital auf die Unterlagen zugreifen könne, reiche dies aus.
Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber im Jahr 2021 mit dem Betriebsrätemodernisierungsgesetz den entsprechenden § 99 BetrVG nicht angepasst habe, lasse sich ebenfalls keine zwingende Papierform ableiten. Vielmehr lasse sich dies so interpretieren, dass der Gesetzgeber die Regelung trotz der ihm bekannten Veränderungen in der Arbeitswirklichkeit für ausreichend halte.
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